Jusos Rhein-Neckar

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100 Tage schwarz-gelbe Klientelpolitik für Hoteliers, Erben, Steuerberater, Apotheker, Pharmaindustrie und die Atomlobby

Veröffentlicht am 06.02.2010 in Allgemein
 

Schwarz-Gelb regiert nun 100 Tage ohne erkennbaren Plan. Merkel, Westerwelle, Seehofer und Co. bedienen befreundete Interessen, von denen sie glauben, dass die mal wieder dran sind mit Wohltaten. Sie bedienen die Starken im fehlgeleiteten Glauben, dass die den Karren aus dem Dreck ziehen könnten – auch wenn das in der Vergangenheit immer schief gegangen ist. Dabei untergraben Merkel, Westerwelle, Seehofer und Co. jedoch die zukünftige Entwicklung unseres Landes.

Mit ihren sinn- und ziellosen Steuergeschenken an Hoteliers, Erben und Steuerberater verplempern CDU, CSU und FDP die Mittel dafür. Die Rechnung werden alle Steuerzahler präsentiert bekommen – aber erst nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen.

100 Tage Schwarz-Gelb: richtig gute Klientelpolitik

Alles für die Freunde und Förderer

Schwarz-Gelb stellt Lobbywünsche vor das Gemeinwohl, und Parteiinteressen vor die Interessen des Landes. Die Bundesregierung macht den Staat zur Beute mächtiger Lobbyisten. Union und FDP haben vor der Wahl die Hand aufgehalten, jetzt bedienen sie die Wünsche. So hat zwischen Oktober 2008 und Oktober 2009 die Düsseldorfer Substantia AG 1,1 Millionen Euro an die FDP überwiesen. Auch für die FDP war das eine der höchsten Spenden in ihrer Geschichte. Hinter der Substantia AG steht einer der reichsten Deutschen, Baron August von Finck. Die Familie Finck ist Miteigentümerin der Mövenpick-Gruppe, die in Deutschland 14 Hotels betreibt. Auch die CSU wurde vom Finck-Konzern mit Großspenden von mehr als 800.000 Euro bedacht.

Als erste Maßnahme hat Schwarz-Gelb dann die Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen von 19 auf sieben Prozent gesenkt. Dieses Steuerprivileg kostet die Steuerzahler eine Milliarde Euro. Sie ist ökonomisch unsinnig und verursacht neue Bürokratie. Die Hotelpreise steigen derweil weiter. Verbraucher haben nichts davon. Wegen des engen Zusammenhangs zwischen Großspenden und Mehrwertsteuerprivileg sprechen Staatsrechtler von einer rechtswidrigen „Zweckspende“. Im Klartext steht der Verdacht der Käuflichkeit im Raum, den Schwarz-Gelb nicht ausgeräumt hat.

Ein Atomlobbyist bereitet den Ausstieg aus dem Atomausstieg vor

Während Schwarz-Gelb die Atomenergie beschwichtigend als Brückentechnologie bezeichnet, bereitet Gerald Hennenhöfer den unbegrenzten Weiterbetrieb vor – solange die Meiler laufen. Als Atomlobbyist vertrat er die Energieerzeuger bei den Verhandlungen über den Atomausstieg. Der CDU-Umweltminister Röttgen, der sich gern einen schwarz-grünen Anstrich gibt, hat ihn als Abteilungsleiter ins Ministerium geholt und für die Atomaufsicht verantwortlich gemacht. Hier wird die Atomlobby beim nächsten Störfall auf einen Mann mit viel Verständnis für ihre Argumente treffen.

Ein Lobbyist der Privaten Krankenversicherungen bereitet die Kopfpauschale vor

Auch FDP-Gesundheitsminister Rösler hat einen Lobbyisten in eine Schlüsselposition des Ministeriums gebracht. Christian Weber, vormals Vize-Direk-tor des Verbands der Privaten Krankenversicherungen, ist jetzt zuständig für Grundsatzfragen der Gesundheitsreform. Er wird Grundzüge der schwarzgelben Gesundheitsreform formulieren. Inklusive der privaten Zusatzversicherung für die Pflege. Zugleich wird Peter Sawicki als unabhängiger und unbequemer Leiter des Kölner Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen entlassen. Er war gegen die Pharmaindustrie stand-haft, achtete auf den tatsächlichen Nutzen neuer Arzneimittel und half bei der Kostenkontrolle.

Ein Kreditmediator, der dem Wirtschaftsminister teuer ist

Der Kreditmediator, der bei Darlehensstreitigkeiten zwischen Banken und Firmen vermitteln soll, wird teuer. Für Hans-Joachim Metternich und seine acht Mitarbeiter hat Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), ein alter Bekannter von Metternich, nach Informationen der „Frankfurter Rundschau“ im Schnitt Monatsgehälter von deutlich mehr als 15.000 Euro eingeplant. Zum Vergleich: Ein Staatssekretär bezieht ein Grundgehalt von rund 11.000 Euro. Metternich, Ex-Spre-cher der Geschäftsführung der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, wird gut 200.000 Euro im Jahr beziehen. Insgesamt plant das Wirtschaftsministerium für die neue Einrichtung einen Etat von fünf Millionen Euro ein.

100 Tage Schwarz-Gelb: Schrittweiser Abschied von der solidarischen Gesundheitsversorgung

Einführung einer Kopfpauschale

Schwarz-Gelb ist sich einig über das Ziel, die Arbeitgeber aus der Finanzierung der Krankenversicherung zu entlassen. Dazu soll eine Kopfpauschale geprüft werden, die auch schon die CDU gefordert hat. Nur über den richtigen Zeitpunkt streitet sich die Koalition. Den Christdemokraten ist das momentan zu teuer, die FDP drängt auf ei-ne Kopfpauschale mit einem Sozialausgleich aus Steuermitteln. Als Zwischenschritt bevorzugen die Christdemokraten Zusatzbeiträge zur Krankenversicherung, die nur von den Versicherten bezahlt werden.

Zusatzbeiträge zur Krankenversicherung

Schwarz-Gelb hat in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit nichts getan, um die Kosten im Gesundheitswesen zu senken. Nun jammern sie öffentlich über die Zusatzbeiträge, die viele Versicherte zahlen sollen. Gesundheitsminister Rösler beschwert sich öffentlich, die Zusatzbeiträge von acht Euro seien unsozial.

Die Zusatzprämien, die eine Reihe von Krankenkassen jetzt angekündigt haben, hat die CDU als Einstieg in die Kopfpauschale gefordert. Jetzt geben sie einen Vorgeschmack auf die Ungerechtigkeit der Kopfpauschale: Sie belasten einseitig die Versicherten, während Arbeitgeber außen vor bleiben. Sie belasten Geringverdiener und viele Rentnerinnen und Rentner besonders. Denn Menschen mit wenig Geld im Portemonnaie zahlen denselben Betrag wie Gutverdiener. Das ist unsozial.

Kein Konzept gegen steigende Gesundheitskosten

Die Koalition debattiert lautstark darüber, wie sie die Kosten im Gesundheitssystem in den Griff bekommen kann. Rösler schlägt vor, die Preise für Arzneimittel zu senken. Der Bayer Söder von der CSU ist dagegen. Westerwelle schlägt ein Verbot der Zusatzbeiträge vor, Rösler nennt das „Aktionismus“ (Welt online, 1.2.10) In dem Zusammenhang warnt der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jens Spahn(CDU), den Koalitionspartner FDP: „Wer die Zusatzbeiträge in Frage stellt und sie nicht zur lohnunabhängigen Prämie weiterentwickeln will, stellt das grundsätzliche gemeinsame Ziel in Fra-ge.“ (Welt online, 1.2.10).

100 Tage Schwarz-Gelb: Ideologische Scheuklappen bei den wichtigen Fragen

Keine Finanzmarktregulierung

Angela Merkel redet zwar gelegentlich über eine Finanztransaktionssteuer. Doch sie schiebt ihre Einführung auf die lange Bank internationaler Absprachen. Dabei könnte Deutschland mühelos eine Börsenumsatzsteuer einführen. Die gibt es auch in Großbritannien und den USA, ohne die Börsen dort zu beeinträchtigen. Mit einer Finanztransfersteuer könnten diejenigen, die die Finanzkrise verursacht haben, an deren Kosten beteiligt werden.

Auch bei der Einkommenssteuer schont Schwarz-Gelb diejenigen, die von spekulativen Anlagen in der Zeit des Booms profitiert haben. Stattdessen spekulieren Politiker in CDU, CSU und FDP über höhere Sozialabgaben, Mautgebühren und Mehreinnahmen durch die Mehrwertsteuer.

Bei der Regulierung der Finanzmärkte redet Schwarz-Gelb nur. Wie in Zukunft Banken für eine bessere Risikovorsorge sorgen können, wie die falschen Anreize für Spekulation beseitigt werden können: Fehlanzeige bei Schwarz-Gelb.

Die Finanzkrise ist noch nicht vorüber, da zocken die Banken und Hedge-Fonds wieder mit Geld, das oft genug vom Steuerzahler stammt. In dieser Situation erlaubt die deutsche Finanzaufsicht Leerverkäufe von Aktien. Das ermöglicht den Verkauf von Wertpapieren, die der Verkäufer gar nicht besitzt. Leerverkäufe wirken in Krisen wie Brandbeschleuniger. Selbst in den USA sind diese Geschäfte inzwischen verboten. Schwarz-Gelb schweigt dazu. Die Spekulanten wird es freuen.

Keine investiven Impulse in der Krise

Angela Merkel bezeichnet das Sammelsurium von Steuergeschenken, das Schwarz-Gelb als erstes beschlossen hat, als Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Diesen Namen verdient es nicht. Es bringt denen zusätzliches Geld, die es nicht benötigen. Statt einer gezielten öffentlichen Investition in gute Bildungseinrichtungen, erneuerbare Energiequellen, eine hochwertige und erschwingliche Gesundheitsvorsorge oder funktionierende Infrastruktur erhöhen die Steuergeschenke nur die verfügbaren Mittel für spekulative Anlagen. Das führt zu Wildwuchs statt zielgerichteter Entwicklung.

Die Verlängerung der Atomlaufzeiten verhindert Investitionen in erneuerbare Energien.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) schätzt, dass bis 2020 über 200 Mrd. Euro Investitionen ausbleiben könnten. Denn warum sollten die Energieerzeuger in Wind-, Sonnen- Bioenergie investieren, wenn die abgeschriebenen Atomkraftwerke wie Gelddruckmaschinen funktionieren?

Schwächung der Finanzkraft der Kommunen

Die Steuergeschenke von Schwarz-Gelb kosten Länder und Gemeinden Milliarden. Dabei tätigen sie die meisten Investitionen. 2009 betrug das Minus in den Kassen der Kommunen schon rund vier Milliarden Euro. Laut Deutschem Städtetag erwarten die Kommunen für dieses Jahr sogar ein Rekorddefizit von 12 Milliarden Euro. In dieser Zeit durch Steuersenkungen die Finanzkraft der Kommunen weiter zu schwächen heißt auch, das Wachstumspotenzial Deutschlands zu mindern.

Für die Bürgerinnen und Bürger heißt das: Schwimmbäder, Büchereien und Museen werden teurer. Viele Gemeinden verkürzen deren Öffnungszeiten oder schließen diese Einrichtungen gleich ganz. Die Gebühren für Müll und Abwasser, die Grund- und Gewerbesteuer oder sogar für Beerdigungen werden steigen. Auch an Kitas, Schulen und Volkshochschulen werden die Kommunen drastisch sparen müssen.

So wird in Duisburg wohl die Hundesteuer steigen, ebenso die Nutzungsgebühren für Sporthallen. Die Eintrittspreise für Schwimmbäder, Konzerte und Theater sollen steigen und die Elternbeiträge für Kita- und Hortbetreuung erhöht werden. In Frankfurt am Main werden die Straßenreinigungsgebühren erhöht. In Hamburgsteigen wegen geringerer Zuschüsse die Ticketpreise im öffentlichen Nahverkehr. In Ludwigshafen soll ein Freibad aufgegeben werden. In Nürnberg sollen die Vereine geringere Zuschüsse bekommen. In Regensburg werden Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur gekürzt. In Stuttgart bekommt die Verbraucherzentrale keine Zuschüsse mehr. Und in Wuppertal sollen die Zuschüsse im Sozial-, Jugend- und Kulturbereich gekürzt werden, das Schauspielhaus und vermutlich fünf Schwimmbäder geschlossen werden. Diese Liste lässt sich beinahe endlos fortsetzen. (Liste aus: Bild online, 2.2.10)

Keine vernünftige Lösung für die Jobcenter

Obwohl die Lage am Arbeitsmarkt angespannt ist, bleibt auch unter der neuen Arbeitsministerin von der Leyen das zentrale Problem der Organisation der Jobcenter ungelöst. Schwarz-Gelb verhakt sich in ideologischen Fragen. Doch die Arbeitslosen brauchen rasch eine Lösung, die ihnen die notwendige Förderung aus einer Hand undohne umständliche Bürokratie sichert.

Keine Mindestlöhne

Schwarz-Gelb will keinen gesetzlichen Mindestlohn, und die Allgemeinverbindlichkeit von branchenbezogenen Tarifverträgen ist heftig umstritten. Die Koalition will vor allem Bezieher von Arbeitslosengeld II zur Arbeit bewegen. Ohne Mindestlöhne führt das zu einer Ausweitung von Niedriglöhnen, von denen niemand leben kann. Die CDU fürchtet die Auseinandersetzung mit denjenigen Unternehmen, die von Dumpinglöhnen profitieren. Ob es zu einem Postmindestlohn, zum Mindestlohn für Leiharbeitnehmer und Pflegekräfte kommt, will niemand in dieser Bundesregierung beantworten. Von der Leyen laviert, die FDP blockiert. Und Merkel, die versprochen hat, bestehende Mindestlöhne zu erhalten, schweigt zur Unterhöhlung bestehender Vereinbarungen.

Keine Antwort auf die Staatsverschuldung

Schwarz-Gelb streitet trotz der höchsten Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik über Steuersenkungen in Höhe von 20 Milliarden Euro. Das ist verantwortungslos und beschränkt den politischen Spielraum zukünftiger Generationen ein, ohne ihnen die Früchte sinnvoller Investitionen zu hinterlassen.

 

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