
Im kommenden Doppelhaushalt der Stadt Heidelberg werden aufgrund der Finanzkrise eine Menge Einsparungen vorgenommen. Wir wollen, dass diese sozial gerecht gegenfinanziert werden. Zu den aktuellen Haushaltsberatungen habe wir uns Gedanken gemacht und eine Position verabschiedet, die wir in den SPD-Kreisverband und unsere Gemeinderatsfraktion einbringen.
Hier im Volltext..
Haushalts- und sozialpolitische Forderungen der Jusos Heidelberg zum Doppelhaushalt der Stadt Heidelberg 2011/2012
EmpfängerInnen: Kreisdelegiertenkonferenz der SPD Heidelberg, SPD-Kreisvorstand und SPD-Gemeinderatsfraktion Heidelberg
Für die kommenden zwei Jahre werden der Stadt Heidelberg Mindereinnahmen in Höhe von rund 100 Mio. Euro vorausgesagt. Die Stadtspitze hat letzte Woche erklärt, wo sie die fehlenden 107 Mio. Euro in den kommenden zwei Jahren einspart werden sollen.
Wir haben verstanden!
Der Einbruch bei den kommunalen Einnahmen ist direkt auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise zurückzuführen! Jahrzehntelang wurde dem Neoliberalismus mit seiner Regulationsfreiheit in Wirtschafts- und Finanzbereich und dem schwachen Staat das Wort geredet. Durch diese Ideologie begünstigt haben schließlich Banken, Versicherungen, Großkonzerne, Staatsfonds und einige Superreiche durch verantwortungslose Spekulationen mit riesigen Geldmengen und windigen Finanzprodukten das weltweite Wirtschaftssystem an den Rande des Ruins getrieben.
Im Jahr 2009 ging als Folge der Verunsicherung des Finanzsektors und der weltweit schwachen Nachfrage das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland um zirka 5 % zurück. Der komplette Zusammenbruch unserer Wirtschaft und der weitere Anstieg der Arbeitslosigkeit konnte nur durch milliardenschwere staatliche Konjunkturprogramme (Konjunkturpaket I und II: 64 Mrd. Euro, davon 5 Mrd. Euro Abwrackprämie), KurzarbeiterInnengeld und Kreditausfallgarantien für Banken (400 Mrd. Euro) verhindert werden. Während Banken und Großkonzerne schon wieder prächtige Gewinne einfahren, Boni und Dividenden ausschütten, steigt die Staatsverschuldung, während die Steuereinnahmen des Staates auf allen Ebenen einbrechen.
Deshalb sagen wir:
„Wir zahlen nicht für eure Krise!“
Unter der Krise des ungezügelten Kapitalismus leiden in erster Linie diejenigen, die infolge der Krise ihre Arbeit verloren haben, die geprellten PrivatanlegerInnen und alle, die auf staatliche Leistungen und Daseinsvorsorge angewiesen sind. Das ist nicht gerecht und muss politisch abgewendet werden!
Forderungen für Heidelberg:
1. Keine Pauschalkürzungen von 10 % im Bereich der kulturellen Förderung, wie vom Oberbürgermeister geplant. Stattdessen:
Schluss mit der subventionierten Festvalisierung des heidelberger Kulturbetriebs; Die Weiterführung der Subventionierung des heidelberger Kulturbetriebs sollte nur unter der Bedingung sozial gerechter Preisgestaltung erfolgen.
2. Einführung einer Zweitwohnungssteuer für Studierende. Streichung der Sonderklausel in der Zweitwohnungssteuersatzung der Stadt Heidelberg. Initiativen wie „Aktion Heimvorteil“ hatten nicht den gewünschten Effekt. Zusätzlich:
mit der Bezahlung des Semestertickets echte Anreize zur Ummeldung schaffen. Von den guten Erfahrungen anderer Universitätsstädte profitieren.
3. keine Erhöhung der Grundsteuer B auf bebaute Flächen. Stattdessen:
Einführung der 'Bettensteuer' zum Ausgleich des Mövenpick - Geschenkes und eine Erhöhung der Gewerbesetuer in Betracht ziehen.
4. keine Kürzungen bei der kommunalen Bildungsverantwortung. Stattdessen:
Ausbau der Zukunftsinvestitionen in Bildung, wie Ganztagsschulen, Mittagsessen, Schulsozialarbeit, psychologische Beratung, Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund, Beratung für Eltern, Sprachförderung.
5. endlich ein bedarfsgerechtes Sozialticket für arme Menschen für 15 Euro.
Begründungen:
1. Die pauschale Kürzung ist ungerecht gegenüber bisher schon sparsamen Kultureinrichtungen, während die preisliche Gestaltung der großen heidelberger Festivals an der finanziellen Realität eines großen Teils der Bürgerinnen und Bürger vorbei geht. Wenn diese Festivals schon keine für alle BürgerInnen erschwinglichen Preise bieten können, dann gibt es hier besonderes Potential für Einsparungen.
2. Die Durchsetzung der Zweitwohnsitzsteuer ist ein immenser bürokratischer Akt, vor allem dann, wenn, wie bei Studierenden meist, keine sonstigen Steuern gezahlt werden. Dies schafft nur neue Ungerechtigkeiten, wenn nicht alle zur Abgabe verpflichteten Personen erfasst werden. Wir wollen deshalb mit einem ernsthaften Anreiz der unbefriedigenden Initiative „Aktion Heimvorteil“ einen besseren Nachfolger besorgen.
3. Die Grundsteuer B entfällt auf alle bebauten Flächen, d.h. Wohnungen und Grundstücke. (Der Gegensatz ist die Grundsteuer A auf agrarisch genutzte Flächen.) Die VermieterInnen geben die Erhöhung der Grundsteuer B in der Regel über die Nebenkosten direkt an ihre MieterInnen weiter (je nach Maß der Erhöhung zirka 10-20 Euro monatlich). Auf dem angespannten Wohnungsmarkt in Heidelberg (Kaltmieten + 3,1 % innerhalb von 24 Monaten) ist das unvertretbar unsozial. Zum Vergleich: In Heidelberg liegt der Hebesatz bei 470 %, (Mannheim: 400 %, Ulm: 395 %, Freiburg: 600 %, Tübingen: 475 %). → Sozialdemokratische Kommunen schonen Mieterinnen und Mieter.
Die Alternative, die Erhöhung der anderen großen kommunalen Steuer, nämlich der Gewerbesteuer, ist trotz guter Konjunktur bisher nicht geplant. Der kommunale Hebesatz wurde zuletzt 2005 von 390 % auf 400 % moderat angehoben, während die Grundsteuer B 2005 saftig von 410 % auf 470 % erhöht wurde. Die Unternehmen, die in der Krise von Lohnzurückhaltung der ArbeitnehmerInnen und staatliche Konjunkturprogramme profitiert haben müssen nun über höhere Löhne und höhere Abgaben auch ihren Anteil zur Finanzierung der Folgekosten der Krise beitragen.
4. Die Kommune ist der Ort an dem schulisches, soziales und emotionales Lernen stattfindet. Deshalb müssen die Kommunen, und in ihnen unsere MandatsträgerInnen, dafür einstehen, dass vor Ort gute Rahmenbedingungen für die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen geschaffen werden. Es liegt in unserem ureigenen Interesse hier eine politische Steuerungsverantwortung wahrzunehmen, denn die Folgen verpasster Bildungsmöglichkeiten – gerade für Kinder aus sozial schwächeren Familien und für Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund – kommen die Kommunen später teuer zu stehen. Nur durch gezielte Schaffung neuer Rahmenbedingungen in der Bildungslandschaft durch die Kommunen können in Zukunft hohe Ausgaben für Sozialhilfe, etc. eingespart werden.
5. Ein wichtiger und bereits bei den Jusos und der SPD Heidelberg beschlossener Standpunkt ist die Schaffung von mehr Mobilität für sozial Benachteiligte, da diese sich positiv auf ihr soziales Umfeld und ihre Beschäftigungsfähigkeit auswirkt. BezieherInnen von Hartz IV stehen monatlich lediglich 15 Euro für Mobilität zur Verfügung, soviel darf eine Monatskarte für diese Gruppe in VRN-Gebiet höchstens kosten. Alles, was diese Gruppe darüber hinaus für Mobilität ausgibt, müsste sie bei anderen, eng festgelegten Bereichen (z.B. Nahrung, Kleidung) einsparen. Die aktuelle Regelung, wonach innerhalb der Großwabe Heidelberg diese Gruppe zum Kinderfahrpreis fährt (ermöglicht acht, statt ansonsten sieben Fahrten), reicht nicht aus. Es ist nicht einzusehen, weshalb viele andere Gruppen (SeniorInnen, Studierende, ArbeitnehmerInnen, SchülerInnen) vergünstigte Zeitkarten erhalten, gerade die sozial Schwachen aber nicht. Die dafür nötigen Mittel müssen im neuen Haushalt eingestellt werden, deshalb bekräftigen wir unsere Forderung an dieser Stelle noch einmal.